ERÖFFNUNGSREDE vom 19.9.2014 im GALERIENHAUS STUTTGART WEST
Ausstellung “ Leibeigenschaften“ bei Schacher-Raum für Kunst
Die 1964 in Düsseldorf geborene Bildhauerin NELE WALDERT bespielt mit ihren eindrucksvollen Plastiken den Projektraum der Galerie Schacher. Ihre überwiegend aus Polymergips geformten, farblosen und von den Zügen her androgyn gestalteten Männer-Figuren wirken sehr zart, beinahe zerbrechlich. In versatzstückartiger Verbindung mit helllilafarbenen Kugeln, Bällchen, Böbbeln oder anderem häufig Rundungen aufweisendem Beiwerk werden diese zu skurrilen Erscheinungen und regen uns beim Anblick zu komplexen, unmittelbar simultan auf uns einstürzenden Eindrücken an. Die wie zeitlich entrückten Dargestellten existieren augenscheinlich in ihrem eigenen Mikrokosmos, und schützen sich so vor den Absurditäten der banalen Alltagswelt – mit dem Ergebnis, dass sie zu einer eigenen Sprache für etwas an sich Unaussprechlichem finden. Dieses Etwas ist mit Worten nicht greifbar, wird aber von jedem Menschen tief im Innern erahnt. Etwas, das in jedem von uns schlummert, wird hier subtil in dreidimensionale Bildergeschichten überführt.
In einer an Mitgefühl armen und von Rationalität regierten Welt sind Nele Walderts Figuren eindrückliche Symbole für unterdrückte, spärlich erlebte oder schon beinahe vergessene Gefühlswelten und Glücksmomente. Ganze Gedankensmaschinerien werden im Betrachter in Gang gesetzt, wie etwa die Seifenblase, die jeden Moment, warum auch immer, zu platzen droht, oder die schicksalhafte Begegnung mit einem Baumstumpf, gegen den sich die ausnahmsweise aus Pappmaché entstandene Figur mehr oder weniger erfolgreich zu stemmen versucht.
-Corinna Steimel-